Über das Projekt Grablege Christi
Eine eindrückliche gesangliche und optische Begegnung mit dem französischen Opernsänger Erwan Tacher, dessen Stimmlage INK Sonntag-Ramirez Ponce an die „Stimmlage eines Karfreitages“ erinnerte, gab den Ausschlag für das Kunstprojekt „Grablege Christi“. Es ergänzt die künstlerische Auseinandersetzung mit der Bibel, der sich die Künstlerin seit Anbeginn ihrer Tätigkeit widmet. Dabei stand Erwan Tacher Modell für das Hauptwerk des Projektes.
INK stellte ihrer Heimatgemeinde St. Martin Jossgrund – Oberndorf, das Projekt vor und diese war so angetan davon, dass sie es an Karfreitag 2020 in der Kirche St. Martin umsetzen wollte, durch die Pandemie allerdings erst am Karfreitag 2022 umgesetzt werden konnte: Eine vielleicht ungewöhnliche, bestimmt aber völlig neue Form einer Passionsandacht. Ein Kunstprojekt in Bild, Ton und Wort, für das der Bischof von Fulda, Dr. Michael Gerber, gern die Schirmherrschaft übernahm.
Zielsetzung dieses Kunstprojektes ist es, kulturinteressierte Menschen mit einer themenorientierten, Kunstgattungen übergreifenden Abendveranstaltung an einem besonderen Tag im Kirchenjahr zu berühren und zu begeistern. Es erlaubt gleichzeitig, sich mit diesem christlichen Thema in neuer Form auseinander zu setzen. Dem besonderen Trauercharakter des Karfreitages wurde dabei entsprochen.
So trafen sieben Bildwerke, nun nicht mehr „nur“ Zeichnung, sondern Arbeiten, die collagiert sind, mit unterschiedlichen Ebenen und auch mit anderen Materialien in den Raum greifen, auf acht Musikstücke aus mehreren Jahrhunderten, dargeboten von drei Opernsolist:innen, Kammerchor, Kammerorchester und Orgel, und Texten aus zwei Jahrtausenden aufeinander. Dabei erschienen und verschwanden die einzelnen Werke, die im ganzen dunklen Kirchenraum verteilt waren. Auch die Stimme des Sprechers nutzte den ganzen Kirchenraum, so dass das Publikum aktiv in die Passionsandacht eingebunden war.
Nicht nur der Schirmherr und Ehrengast Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda, zeigte sich tief bewegt vom Kunstprojekt, wie sich seinen Worten am Ende der Veranstaltung deutlich entnehmen ließ. Aus nah und fern erreicht sowohl die Pfarrgemeinde als auch INK überwältigende Resonanz.
Das Hauptwerk der Grablege wird vom Jossgrund aus in die Welt reisen. Es ist in 2022 ausgewählt neben Kunst von weltweit insgesamt 18 Künstler:innen im Indoor-Bereich für die weltgrößte Biennale für Kunst mit Papier in Lucca/Toskana ausgestellt zu werden.
Auch das ganze Projekt darf reisen, um in anderen Gemeinden, anderen Kirchen neu mit der Botschaft des Karfreitages zu berühren.
Zitate
„Bisweilen kommt es vor in der Dunkelheit, in der Finsternis, die wir gerade in unseren Tagen so stark erfahren, bisweilen kommt es vor, dass dort, wo wir es nicht erwarten, wie wir es nicht erwarten, in dieser Finsternis ein Bild aufscheint, das von deiner heilenden Geschichte erzählt. So bitten wir Dich Gott an diesem Abend um deinen Segen, dass wir gewahr werden, dass sich in diesen Bildern eine Wirklichkeit zeigt, deine heilende Wirklichkeit, die uns längst trägt und tragen wird in aller Dunkelheit, die wir erfahren.“
~ Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda, Schlusswort des Kunstprojektes vor dem Segen
„Warum war es ein Genuss …? Weil es eben „Anders“ war. Weil das eigene „Aufbrechen“ ein „Entdecken“ und für manche von uns auch ein „Ankommen“ zur Folge hatte. Weil im objektiv geschlossenen Raum des Gotteshauses autonom, frei und phantasievoll ein komplexer innerer freier Geist ermöglicht wurde, der individuelle Perspektiven des eigenen spirituellen Begehrens erzeugte und gebar.
Es ist eben doch „Kunst“, wenn wir uns selbst ganz neu finden und letztlich feststellen nicht mehr so weitermachen zu können, wie bisher.
Vorher scheinbar unvereinbare Komponenten sich widersprechender Strukturen deiner (INKs) Kunst (Zeichnungen, Musik und Sprache) haben unsere mühsam erlernten und erfahrenen Inneren Erwartungs-Bilder zu Fall gebracht und damit neuen Platz geschaffen für transformatorische „Verrückungen“…“
~ Norbert Beuscher, Sprecher des Kunstprojektes